Es war ein grauenhaftes
Fußballwochenende. Das ZDF hat es auf den Punkt gebracht. Die
Bilderstrecke zum 3. Spieltag hat das öffentlich-rechtliche Portal
mit den Worten „Kick zwischen Kanzlerin und Kissinger“
überschrieben. Treffender geht’s nicht.
Der Frankfurter
Fußballrausch ist längst aus meinem Kopf verschwunden, die
Hoffenheimer Wiese-Blamage ebenfalls, der Bayern-Sieg sowieso. Dass
in Dortmund und Fürth Fußball gespielt wurde, das habe ich noch im
Kopf, aber wie die Spiele verlaufen sind, auch das ist irgendwie
verschwunden über all der Hofberichterstattung über Angela Merkel
und Henry Kissinger. Ich weiß, dass sie beinahe für Dortmund
geklatscht hätte, dass DFB-Boss Wolfgang Niersbach es schon wieder
geschafft hat, ganz in der Nähe seiner Kanzlerin ein Fußballspiel
anzusehen und wie rot Merkels Blazer war, habe ich auch noch vor
Augen.
Kaum ein Bericht über das Spiel war zu
sehen oder zu lesen, der nicht mit Angela Merkels Besuch in Dortmund
begonnen hätte. Jede Regung von ihr wurde kommentiert. So ist
zuletzt über die Queen berichtet worden, als sie in London die
Olympischen Spiele eröffnet hat. Gibt es da keinen Unterschied? Die
Kanzlerin wird behandelt wie ein Staatsoberhaupt. Das ist sie aber
nicht. Sie ist die Regierungschefin. Eine Politikerin im
Tagesgeschäft, die in einem Jahr zur Wiederwahl ansteht. Damit sie
nicht ausziehen muss aus dem Kanzleramt, wanzt sie sich an den
Fußball heran. Vor dem Start der EM hat sie dem deutschen
Nationalteam in deren Quartier in Danzig Glück für das Turnier
gewünscht. Und alle, allen voran Sami Khedira, Bastian
Schweinsteiger und Joachim Löw haben sich öffentlich darüber
gefreut. Keiner hat sich die Frage gestellt, wem so ein Besuch
wirklich etwas nützt, der Nationalmannschaft oder ihr.
Immer wieder habe ich mich über
Agenturmeldungen gewundert in denen nach dem Namen der Bundeskanzler
in Klammern auch immer ihre Parteizugehörigkeit angegeben wurde. Das
weiß doch eh jeder, habe ich mir gedacht. Warum war am Samstag in
fast keinem Bericht das eingeklammerte CDU zu finden? Angela Merkel
(CDU) hat es geschafft, dass sie – sobald sie ein Stadion betritt -
als überparteiliche Regentin wahrgenommen wird. Auch der Präsident
der Deutschen Fußallliga Reinhard Rauball (SPD) lässt sich für
Merkels Inszenierungen einspannen. Die „Geh deinen Weg“-Kampagne
der Deutschen Zeitungsverleger, mit der Migranten aufgefordert
werden, sich gefälligst zu integrieren, als sei das alles ganz
einfach hierzulande, mag der Anlass für Merkels Stadionbesuch
gewesen sein, das Anliegen der Kanzlerin war gewiss ein anderes.
Unvergessen sind die Bilder von ihr und Mesut Özil in der Kabine
eines südafrikanischen Fußballstadions, die ihr Amt gegen den
Willen des Spielers und des DFB umgehend veröffentlichen ließ.
„Spielt mein Spiel“ - das ist die eigentliche Kampagne der
Kanzelerin. Und viel zu viele spielen mit.
Nochmal: Der BVB hat nicht gewonnen,
weil Angela Merkel (CDU) ím Stadion war und die SpVgg Greuther Fürth
hat nicht verloren, obwohl Ex-US-Außenminister, Sozialistenhasser
und -bekämpfer Henry Kissinger (Republikaner) vor Ort war. Niemand
verlangt von Mike Büskens, dem Fürther Trainer, dass er weiß,
welche finstere Rolle Kissinger beim Putsch gegen den sozialistischen
chilenischen Präsidenten Salvador Allende gespielt hat. Aber warum
nur sagt der Mann in die Fernsehkameras, dass das Schöne an diesem
Tag sei, dass Kissinger sich in seinem hohen Alter noch für die
aktuellen Ergebnisse der Fürther interessiere. Soll er sich doch um
den Nichtabstieg kümmern und die elende Schleimerei unterlassen, mag
man sich denken. Wenigstens ist Kissinger ein Gestriger, der nicht –
bei uns schon gar nicht – zur Wahl steht.
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