Freitag, 27. April 2012

Niersbach der Woche (1)

Es geht los. Der Niersbach der Woche ist ziemlich spktakulär. Es geht um Sport und Politik und stammt aus dem auf dfb.de veröffentlichten Interview mit dem Präsidenten zum Uraine-Timoschenko-Komplex.

Unsere Position ist eindeutig: Der DFB steht ein für die Einhaltung der Menschenrechte, die Unabhängigkeit der Justiz und die Meinungs- und Pressefreiheit.

Hört, hört! Ein deutscher Sportverband macht in Politik. Das ist ein Wort! Kann das sein? Der Sport zeigt Haltung? Können wir jetzt öfter mit Einlassungen des DFB rechnen, wenn Spiele oder Turniere anstehen, die in Ländern stattfinden, in denen Grundrechte mit Füßen getreten werden?

Die klare Haltung des DFB vor der Europameisterschaft in der Ukraine - das Einfordern humanitärer Standards im Gastgeberland - ist nicht in der Frankfurter DFB-Zentrale entwickelt worden. Der DFB folgt der Bundesregierung in ihrem Engagement für die inhaftierte frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Der Fußball ist damit, so wie er es immer war, äußerst staatstragend. 

Im Fall Timoschenko hat sich die Bundesregierung die Unterstützung des Fußballs eingeholt, um den politischen Druck, den sie auf die ukrainische Regierung ausübt, zu verstärken. Das ist gut, wenn dabei mehr herauskommt als das Klopfen auf die eigenen Schultern, sollte Julia Timoschenko tatsächlich zur medizinischen Behandlung nach Deutschland reisen dürfen. 

Aber gesagt ist gesagt. Der DFB wird sich an seinen Worten messen lassen müssen. Seit dieser Woche befindet er sich im Kampf für Gerechtigkeit und Humanität in der Welt. 

Doch der Verband hält seine Waffen für stumpf. Bei der Europäischen Fußball-Union, dem EM-Veranstalter, könne man nichts ausrichten, heißt es aus Frankfurt. Es wird nicht einmal versucht, die Uefa zu einer Haltung zu bewegen. Eine schwache Leistung der neuen deutschen Gutkicker.

Montag, 23. April 2012

Kampfansage an die Fankultur

Und hier habe ich mal wieder in der taz über den DFB geschrieben. Es geht auch um die von DFB-Boss Niersbach sehr deutlich angekündigte Auswechslung des Stadionpublikum.

Ein Spiel zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Hansa Rostock ist ein „spezieller, hochriskanter Einzelfall“. Das hat das Hamburger Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aussperrung von Rostocker Fans vom Spiel am Sonntag am Millerntor festgestellt.
Zu viel sei in der Vergangenheit passiert. Das klingt so, als müsse man sich keine Sorgen machen, dass andere Derbys in nächster Zukunft ebenfalls von polizeilichen Sondermaßnahmen betroffen sein könnten. Das Hamburger Gericht geht nicht davon aus, dass in naher Zukunft mit einer Häufung von Geisterspielen und Fanaussperrungen zu rechnen ist.
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Dabei wäre es ein Leichtes, auch dem großen Nordderby zwischen dem Hamburger SV und Werder Bremen, dem Duell zwischen Mönchengladbach und Köln oder einer Partie zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Kaiserslautern ein spezielles Hochrisikopotenzial zu attestieren. Werden behördlich angeordnete Fanaussperrungen bald doch zum Alltag in der Liga? 

Mit Spannung wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erwartet, das sich nun grundsätzlich mit der Frage befassen wird, ob derartige Polizeimaßnahmen zulässig sind und inwieweit ein Veranstalter eines Sportereignisses für das haften muss, was im Umfeld seiner Veranstaltung passiert. Es geht also auch um die Frage, ob der gastgebende Klub als Veranstalter für Störungen haftbar gemacht werden kann, auch wenn diese gar nicht von ihm ausgehen, ob er für Kosten, die für die Gefahrenabwehr anfallen, aufkommen muss, inwieweit er schadensersatzpflichtig wird, wenn etwas passiert.
 
„Die Klärung dieser grundsätzlichen Frage in der Tiefe, die aufgrund der weitreichenden Folgen für die Verhaltenspflichten und Kostenhaftung des Veranstalters eines Fußballspiels geboten ist, kann nur im Hauptsacheverfahren erfolgen“, heißt es im Urteil des Verwaltungsgerichts.
Ein so genanntes Hochrisikospiel könnte zum finanziellen Desaster für den gastgebenden Klub werden. Deshalb erwarten die Bundesligaklubs die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts durchaus mit Sorge. Doch gemach! Es wird schon kein Derby abgesagt werden. Dem organisierten Fußball wird schon etwas einfallen, um die Spiele durchführen zu können.
Es wird längst an einer Art Publikumstausch in den Stadien gearbeitet. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach benutzt ganz bewusst immer wieder das Wort Terror, wenn er über Fans spricht, und sieht längst das Ende der Stehplatzherrlichkeit in deutschen Stadien nahen. Hannovers Präsident Martin Kind spricht davon, dass er die Strafen, die er für Fehlverhalten der 96-Fans zahlen muss, dadurch kompensieren will, dass er endlich die billigen Stehplatztickets abschaffen will. Über die Ticketpreise sollen Ultras und Problemfans von den Stadien ferngehalten werden.

Liga und DFB scheinen zudem eine totale Fankontrolle anzustreben und würden gerne mit der Sitzplatznummer Name und Adresse des Sitzplatzinhabers speichern. Dass derartige Maßnahmen nicht nur von völligem Unverständnis für die Ultra-Bewegung zeugen, sondern eine regelrechte Kampfansage an die Fankultur darstellen, scheint Niersbach billigend in Kauf zu nehmen. Immer wieder schwärmt er von der Stimmung bei der Männer-WM 2006 und lobt die tolle Atmosphäre bei der Frauen-WM 2011.
Letztere mag ein tolles Turnier gewesen sein. Wer aber kreischende Kinder in einem schlecht besetzten Stadion der Derbystimmung in einem Spiel der Männerbundesliga vorzieht, der hat nicht verstanden, dass Fußball mehr ist als ein Ballspiel zweier Teams auf einem begrenzten Rasengeviert.

Wieder da!

Nach ein paar Wochen Urlaub soll an dieser Stelle wieder auf den DFB geschaut werden. Und eine Rubrik soll es auch geben, den "Niersbach der Woche". Schaumer mal, was dabei rauskommt.