Ein
Spiel zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Hansa Rostock ist ein
„spezieller, hochriskanter Einzelfall“. Das hat das Hamburger
Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der
Aussperrung von Rostocker Fans vom Spiel am Sonntag am Millerntor
festgestellt.
Zu viel sei in der Vergangenheit
passiert. Das klingt so, als müsse man sich keine Sorgen machen, dass
andere Derbys in nächster Zukunft ebenfalls von polizeilichen
Sondermaßnahmen betroffen sein könnten. Das Hamburger Gericht geht nicht
davon aus, dass in naher Zukunft mit einer Häufung von Geisterspielen
und Fanaussperrungen zu rechnen ist.
Dabei wäre es ein Leichtes, auch dem großen
Nordderby zwischen dem Hamburger SV und Werder Bremen, dem Duell
zwischen Mönchengladbach und Köln oder einer Partie zwischen Eintracht
Frankfurt und dem 1. FC Kaiserslautern ein spezielles
Hochrisikopotenzial zu attestieren. Werden behördlich angeordnete
Fanaussperrungen bald doch zum Alltag in der Liga?
„Die Klärung dieser grundsätzlichen Frage in der Tiefe, die
aufgrund der weitreichenden Folgen für die Verhaltenspflichten und
Kostenhaftung des Veranstalters eines Fußballspiels geboten ist, kann
nur im Hauptsacheverfahren erfolgen“, heißt es im Urteil des
Verwaltungsgerichts.
Ein so genanntes Hochrisikospiel
könnte zum finanziellen Desaster für den gastgebenden Klub werden.
Deshalb erwarten die Bundesligaklubs die Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts durchaus mit Sorge. Doch gemach! Es wird schon
kein Derby abgesagt werden. Dem organisierten Fußball wird schon etwas
einfallen, um die Spiele durchführen zu können.
Es wird längst an einer Art
Publikumstausch in den Stadien gearbeitet. DFB-Präsident Wolfgang
Niersbach benutzt ganz bewusst immer wieder das Wort Terror, wenn er
über Fans spricht, und sieht längst das Ende der Stehplatzherrlichkeit
in deutschen Stadien nahen. Hannovers Präsident Martin Kind spricht
davon, dass er die Strafen, die er für Fehlverhalten der 96-Fans zahlen
muss, dadurch kompensieren will, dass er endlich die billigen
Stehplatztickets abschaffen will. Über die Ticketpreise sollen Ultras
und Problemfans von den Stadien ferngehalten werden.
Liga und DFB scheinen zudem eine totale Fankontrolle anzustreben
und würden gerne mit der Sitzplatznummer Name und Adresse des
Sitzplatzinhabers speichern. Dass derartige Maßnahmen nicht nur von
völligem Unverständnis für die Ultra-Bewegung zeugen, sondern eine
regelrechte Kampfansage an die Fankultur darstellen, scheint Niersbach
billigend in Kauf zu nehmen. Immer wieder schwärmt er von der Stimmung
bei der Männer-WM 2006 und lobt die tolle Atmosphäre bei der Frauen-WM
2011.
Letztere mag ein tolles Turnier
gewesen sein. Wer aber kreischende Kinder in einem schlecht besetzten
Stadion der Derbystimmung in einem Spiel der Männerbundesliga vorzieht,
der hat nicht verstanden, dass Fußball mehr ist als ein Ballspiel zweier
Teams auf einem begrenzten Rasengeviert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen